Aktivierung der körpereigenen Immunantwort gegen Lungenkrebs

Verantwortliche Personen:
AG Sheta und Beilhack – Medizinische Klinik und Poliklinik II; Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Würzburg
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Abbildung 1: Das Team von Dr. Dalia Sheta, Prof. Dr. Ivan Aleksic und Prof. Dr. Dr. Andreas Beilhack erprobt neue Therapeutika zur Aktivierung der körpereigenen Immunabwehr gegen Lungenkrebs.

 

Team

 

Unser interdisziplinäres Forschungsteam widmet sich der faszinierenden Frage, wie das körpereigene Immunsystem funktioniert – und setzt hier auch einen Fokus auf die Lunge, einem der sensibelsten und zugleich wichtigsten Organe des menschlichen Körpers. Die Lunge ist ständig äußeren Einflüssen wie Staub, Allergenen, Keimen oder Schadstoffen ausgesetzt – und das Immunsystem muss kontinuierlich zwischen Schutz und Toleranz abwägen: Es muss Krankheitserreger zuverlässig erkennen und bekämpfen, ohne dass empfindliche Lungengewebe unnötig zu schädigen. Dieses fein austarierte Gleichgewicht zwischen Abwehr und Toleranz steht im Zentrum unserer Forschung.

 

Wir erforschen, wie Immunzellen im komplexen Lungenmikromilieu miteinander kommunizieren, wie sie zwischen Gefahr und nicht bedrohlichen Reizen unterscheiden – und was passiert, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist. Dabei interessieren uns nicht nur Infektionen, sondern vor allem auch chronische Entzündungen und Tumorerkrankungen wie Lungenkrebs. Denn gerade hier spielt das Immunsystem eine doppelte Rolle: Es kann Krebszellen erkennen und bekämpfen – oder aber von ihnen ausgetrickst und inaktiviert werden.

 

Mithilfe innovativer Bildgebungstechnologien und modernster molekularer Methoden analysieren wir Immunreaktionen direkt im menschlichen Lungengewebe – bis auf zellulärer Ebene. In enger Zusammenarbeit zwischen der Medizinischen Klinik und Poliklinik II und der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg haben wir Zugang zu wertvollem klinischem Material und klinischer Fachkompetenz, was uns einzigartige Einblicke ermöglicht.

 

Unser internationales Team am Universitätsklinikum Würzburg setzt sich aus Expertinnen und Experten aus Medizin, Biologie, Pharmakologie, Bioinformatik und Biotechnologie zusammen – mit dem gemeinsamen Ziel, das Immunsystem der Lunge besser zu verstehen und neue, gezielte Immuntherapien gegen Lungenkrebs zu entwickeln.

Motivation und Innovation

 

Unser Forschungsansatz gegen Lungenkrebs

Lungenkrebs ist weltweit die häufigste krebsbedingte Todesursache – jede fünfte Person, die an Krebs stirbt, verliert ihr Leben an dieser Erkrankung. In den letzten Jahren haben Immuncheckpoint-Inhibitoren eine neue Ära der Krebstherapie eingeläutet. Diese Medikamente blockieren Mechanismen, die das Immunsystem daran hindern, Tumorzellen zu erkennen und zu bekämpfen. Sie heben die natürliche „Bremse“ auf, die Krebszellen oft im Tumormikromilieu aktivieren, um das Immunsystem zu unterdrücken. Doch diese Therapie spricht leider nicht bei allen Patientinnen und Patienten an, und viele entwickeln Resistenzen. Zudem sind die Nebenwirkungen dieser Therapien oft schwerwiegender, da sie das Immunsystem im gesamten Körper aktivieren.

 

Hier setzt unser Ansatz an.

Unser Ziel ist es, Immuntherapien zu entwickeln, die das Immunsystem direkt am Tumor aktivieren, um eine gezielte und effektive Abwehr gegen den Krebs zu ermöglichen. Im Gegensatz zu den klassischen Immuncheckpoint-Inhibitoren, die das Immunsystem im gesamten Körper aktivieren, wollen wir durch den gezielten Einsatz von Molekülen innerhalb des Tumormikromilieus nur die Tumorzellen angreifen. Diese Methode könnte dazu beitragen, die Nebenwirkungen zu minimieren und die Wirksamkeit der Therapie zu steigern.

 

Dazu entwickeln wir ein humanes 3D-Modell des Lungentumors, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Tumorzellen und Immunzellen realitätsnah abbildet. Mit diesem Modell untersuchen wir die Rolle der TNF-Rezeptor-Superfamilie und setzen neu entwickelte Moleküle ein, die wir in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Harald Wajant am Universitätsklinikum Würzburg konzipiert haben. Diese Moleküle sollen das Immunsystem gezielt am Tumor aktivieren, ohne den gesamten Körper zu belasten.

 

Die Nutzung von Tumorgewebe, das direkt von Patientinnen und Patienten stammt, ermöglicht uns personalisierte Therapien zu entwickeln, die besser auf die individuellen Tumoreigenschaften abgestimmt sind.

 

Unsere Forschung baut auf umfangreicher Erfahrung in der Analyse von Immunreaktionen in der Lunge auf, insbesondere bei Lungeninfektionen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Technologien, wie hochauflösende Mikroskopie, setzen wir nun gezielt für die Krebsforschung ein.

 

„Der Kampf gegen Krebs bedeutet vor allem, Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung zu ermöglichen – für ein langes und gesundes Leben. Mit unserer Forschung leisten wir dazu einen Beitrag.“— Dr. Dalia Sheta

 

„Die Behandlung von Lungenkrebs ist heute so komplex, dass wir sie nur gemeinsam meistern können – durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen schaffen wir die Brücke zwischen Forschungslabor und Operationssaal.“— Prof. Dr. Ivan Aleksic

 

„Nur wenn wir bereit sind, gewohnte Denkweisen zu hinterfragen und neue wissenschaftliche Wege zu gehen, können wir das volle Potenzial der körpereigenen Immunabwehr entfalten – und damit auch schwer behandelbaren Lungenkrebs gezielt bekämpfen.“— Prof. Dr. Dr. Andreas Beilhack

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Abbilung 2: Wie kommunizieren Immunzellen mit Tumorzellen in der Lunge?
In diesem Forschungsprojekt nutzen wir hochauflösende Mikroskopieverfahren, um das unmittelbare Umfeld von Lungentumoren sichtbar zu machen – insbesondere, wie Immunzellen mit Tumorzellen interagieren. In Experimenten mit 3D-Lungenmodellen wollen wir unsere neu entwickelten immunaktivierenden Therapeutika gegen Lungenkrebszellen testen. A Schematische Darstellung der Zielstrukturen auf Tumorzellen und Immunzellen, um gezielt die körpereigene Immunantwort gegen Lungenkrebs zu aktivieren. B Konfokale Mikroskopie von menschlichem Lungengewebe. Färbung von Alveolar-Makrophagen als wichtige Art antigenpräsentierender Immunzelle in der Lunge (Maßstab = 20 µm)

 

Welche Ziele verfolgt das Projekt?

 

Ein zentrales Ziel unseres Projekts ist es, das körpereigene Immunsystem gezielt gegen Lungenkrebs zu aktivieren. Denn gerade bei dieser Krebsart stoßen herkömmliche Therapien oft an ihre Grenzen – neue, immunbasierte Behandlungsansätze sind daher dringend nötig.

 

Wir konzentrieren uns auf die sogenannte TNF-Rezeptorsuperfamilie, eine Gruppe von Molekülen, die eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Immunantworten spielt. In unserem Projekt untersuchen wir, wie diese Rezeptoren im Mikromilieu von Lungenkrebs – also in Tumorzellen, immunaktiven Lymphozyten und antigenpräsentierenden Zellen – genau verteilt sind. Ziel ist es, spezifische Strukturen (Antigene) zu identifizieren, die sich gezielt für neue Therapien nutzen lassen.

 

Ein entscheidender Vorteil unseres Ansatzes: Statt das gesamte Immunsystem systemisch zu beeinflussen, wollen wir immunaktivierende Wirkstoffe lokal – direkt am Tumor – einsetzen. Dadurch lassen sich schwerwiegende Nebenwirkungen deutlich reduzieren. Mit unserem innovativen 3D-Lungenkrebsmodell können wir die komplexe Tumorumgebung realitätsnah nachbilden und gezielt testen, ob sich die Immunantwort durch gezielte Stimulation der Rezeptoren der TNF-Rezeptorsuperfamilie wirksam verstärken lässt.

 

Langfristig soll unser Projekt den Weg ebnen für neue, personalisierte Therapien, die das Immunsystem gezielt gegen Lungenkrebs mobilisieren – effektiv, sicher und individuell zugeschnitten auf die jeweilige Patientin oder den Patienten.

Ansatz des Forschungsprojektes

 

Immun-Checkpoint-Inhibitoren gelten als Meilenstein der modernen Krebstherapie. Sie setzen genau dort an, wo Tumoren das Immunsystem ausbremsen – und ermöglichen so, dass Abwehrzellen wieder aktiv gegen Krebs vorgehen können. Doch nicht alle Patientinnen und Patienten profitieren davon. Trotz beeindruckender Erfolge bei Lungenkrebs bleibt der Behandlungserfolg bei vielen Betroffenen begrenzt. Neue, gezielte Strategien zur Aktivierung des Immunsystems sind daher dringend notwendig.

 

Unser Forschungsansatz konzentriert sich auf eine zentrale Gruppe von Molekülen, die entscheidend für die Steuerung des Immunsystems ist, bislang aber kaum in der Krebstherapie genutzt wird: die Zelloberflächenrezeptoren der sogenannten TNF-Rezeptor-Superfamilie. Diese Rezeptoren übernehmen wichtige Aufgaben in der Immunregulation – sie können das Wachstum von Tumoren entweder fördern oder hemmen, je nach Kontext. Einige dieser Rezeptoren lösen direkt den Zelltod in Tumorzellen aus, andere aktivieren gezielt Immunzellen und stärken so die körpereigene Abwehr. Welche dieser Mechanismen beim Lungenkrebs eine Rolle spielen, ist bisher noch unzureichend verstanden – genau hier setzt unser Projekt an.

 

Um das zu ändern, entwickeln wir ein innovatives 3D-Modell des Lungenkrebsgewebes basierend auf echten Tumorproben von Patientinnen und Patienten. Damit können wir das komplexe Zusammenspiel von Krebs- und Immunzellen realitätsnah untersuchen und gezielt neue Angriffspunkte für die Immuntherapie identifizieren.

 

Unser Ziel: Nicht nur die Blockade des Immunsystems durch den Tumor zu lösen – wie es bei Checkpoint-Inhibitoren der Fall ist –, sondern das Immunsystem direkt gegen den Tumor zu aktivieren. Damit wollen wir den Weg für wirksamere und besser verträgliche Therapei gegen Lungenkrebs ebnen.

Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?

 

Unser Forschungsansatz konzentriert sich zunächst auf Lungenkrebs, eine der häufigsten und tödlichsten Krebsarten weltweit. Doch das Potenzial unserer Therapie geht weit über diese Erkrankung hinaus. Die immunaktivierenden Agonisten für Rezeptoren der TNF-Rezeptorsuperfamilie, die wir mit Prof. Dr. Harald Wajant entwickeln, könnten auch bei anderen Krebsarten wie Melanom, Darm-, Brust-, Blasen- und Leberkrebs angewendet werden. Diese Agonisten haben das Potenzial, das Immunsystem gezielt gegen Tumoren zu aktivieren und neue, wirksamere Therapiemöglichkeiten zu bieten.

Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?

 

Lungenkrebs ist eine der häufigsten und tödlichsten Krebsarten weltweit, und trotz Fortschritten in der Behandlung gibt es noch immer viele Patienten, bei denen die Therapie nicht ausreichend wirkt. Unser Forschungsprojekt verfolgt einen innovativen Ansatz, der darauf abzielt, die körpereigene Immunabwehr gezielt und effektiver gegen den Tumor zu aktivieren. Durch die Entwicklung neuer, gezielterer Therapien möchten wir nicht nur die Behandlung von Lungenkrebs verbessern, sondern auch die Lebensqualität der Patienten steigern und Nebenwirkungen minimieren.

 

Unsere Arbeit könnte weit über Lungenkrebs hinaus Bedeutung haben. Die Ansätze, die wir entwickeln, haben das Potenzial, auch bei anderen Krebsarten wie zum Beispiel bei Haut-, Darm- oder Brustkrebs eingesetzt zu werden. Eine breitere Unterstützung dieses Projekts könnte dazu beitragen, neue und bessere Therapiemöglichkeiten zu schaffen, die vielen Krebspatienten weltweit zugutekommen würden.

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