Behandlung und Nachsorge bei low-grade muzinösen Neoplasien der Appendix (LAMN)

Verantwortliche Personen:
AG Wiegering – Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Transplantations-, Kinder- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Würzburg

Dieses Projekt wurde 2023 von der Stiftung "Forschung hilft" mit 7.500 Euro gefördert.

Team

 

Das Team setzt sich aus erfahrenen Kliniker*innen, Grundlagenwissenschaftler*innen, Study Nurses sowie Patientenlotsen/-innen zusammen. Koordiniert wird das Projekt durch Prof. Dr. med. Armin Wiegering, Leiter der onkologischen Viszeralchirurgie. 

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Abbildung 1: A,B: Computertomographie einer Patientin mit Zufallsbefund einer muzinösen Raumforderung der Appendix. C: Appendektomiepräparat mit muzinöser Neoplasie und erweiterter Resektion des Appendixmesenteriums (Pinzette). Aus Chirurg 90(3):194-201.

Motivation und Innovation

 

Low-grade muzinöse Neoplasien der Appendix (LAMN) stellen die häufigsten Tumoren der Appendix dar. Die Entität wird erstmals 2010 von der WHO als eigenständiger Tumor aufgeführt. LAMN zeichnen sich durch dysplastisches, schleimbildendes Epithel, extrazelluläre Schleimablagerungen und ein verdrängendes, aber nicht gewebeinvasives Wachstum aus. Durch die extrazelluläre Schleimablagerung kommt es zu einer zunehmenden Auftreibung der Appendix, welche letztlich zur Perforation und damit zum peritonealen Schleimaustritt führt. Ist letzterer azellulär, spricht man von einer peritonealen Muzinose, finden sich aber zusätzlich Tumorzellen handelt es sich um ein Pseudomyxoma peritonei (PMP). Aktuell geht man davon aus, dass wenn im Rahmen einer Appendektomie die vollständige Tumorresektion erfolgt ist und keine Perforation und kein PMP/ Muzinose vorliegt, die alleinige Appendektomie als Therapie ausreichend. Allerdings kann auch bei Patienten in dieser Situation im weiteren Verlauf (bis zu 20 Jahre) sekundär ein PMP / Muzinose auftreten.

Bei Dissemination von Muzin in die Abdominalhöhle wird je nach Ausmaß des Befundes die zytoreduktive Chirurgie, Peritonektomie mit anschließender hyperthermer intraperitonealer Chemoperfusion (HIPEC) empfohlen. 

Wir beschäftigen uns in Würzburg seit nunmehr über 5 Jahren intensiv mit LAMN und haben folgende Punkte bearbeitet: 

  • Wir haben die mittlerweile weltweit größte Kohorte an Patienten mit LAMN zusammengetragen.
  • Wir erstellen aktuell im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie die erste Leitlinie zu LAMN (S2K).
  • Wir haben mittlerweile 30 LAMN auf onkogene Mutationen sequenziert und finden hier sehr interessante Gemeinsamkeiten. Wir finden bei allen LAMN lediglich eine Mutation in KRAS und in GNAS. Wobei sich in ca. 30% der Fälle eine KRAS p-G12C Mutation findet, die theoretisch mittels eines small-molecules hemmbar ist.
  • Wir bekommen Patienten aus ganz Deutschland zur Behandlung zugesendet.

 

Welche Ziele verfolgt das Projekt?

 

Aufgrund der erst seit etwas über 10 Jahren bestehenden einheitlichen WHO-Klassifikation sowie der Seltenheit der LAMN bestehen eine Vielzahl offener Fragen. Diese betreffen sowohl die Pathophysiologie der Erkrankung als vor allem auch die korrekte Therapie und Nachsorge. Im Rahmen der Förderung durch die Stiftung „Forschung hilft“ werden zwei wichtige Punkte bearbeitet:

 

A) Panel-Sequenzierung

Wir haben von über 100 LAMN Präparate gesammelt und um die entsprechenden klinischen Informationen zur Behandlung, Alter bei Diagnose, etc. ergänzt. Mittlerweile haben wir 30 Tumoren Panel-sequenziert, wofür das Cancer Hot Spot Panel v2 verwendet wird. Dieses deckt etwa 2.800 Mutationen in 50 Genen ab. Im Rahmen der Förderung durch die Stiftung werden wir weiter 30 Tumoren sequenzieren.
Ziel ist es, eine klare Aussage über das Mutationsspektrum sowie die Möglichkeit einer Inhibition des onkogenen KRAS bei LAMN zu erhalten.

 

B) Nachsorge und Prognose

Bislang ist die Datenlage zur Prognose und zur Nachsorge sehr dünn. Auch ist unklar, ob die Bestimmung von Tumormarkern (CEA, CA19-9, CA125) in der Nachsorge einen Stellenwert hat. Im Rahmen der Förderung durch die Stiftung werden wir die Patientenkohorte, welche wir bislang behandelt haben (>100 Patienten), systematisch nachsorgen und um alle neuen Patienten, die uns zugewiesen werden, erweitern. Aktuell bekommen wir ca. 50 Patienten pro Jahr mit weiter deutlich zunehmender Tendenz zugewiesen. Weiterhin steigt auch die Zuweisung der Patienten, die noch nicht appendektomiert wurden. Von besonderem Interesse bei diesen Patienten wird sein, ob vor Appendektomie / Entfernung der LAMN die Tumormarker erhöht sind und diese postoperativ abfallen.
Ziel ist es, die Prognose besser bestimmen zu können und die Bedeutung der Tumormarker zu definieren.

Ansatz des Forschungsprojektes

 

Es handelt sich hier um einen explorativen Forschungsansatz. Wir wollen möglichst viele Informationen über die LAMN erhalten, um im Weiteren die Therapie zu verbessern und unnötige Über- oder Untertherapie zu vermeiden.

Abbildung 2: Einteilung der LAMN nach McDonald et al. (A & E) LAMN Typ I, Muzin im Lumen. Atypisches muzinöses Epithel mit fibrotischen Wandveränderungen. (B-D & F) LAMN Typ II mit Muzin in der Appendixwand (B), Muzin, welches durch die Wand perforiert (C), Muzin außerhalb der Wand (D); (E): Histologisches Bild einer LAMN Typ I (pTis): Villöses, muzinöses Oberflächenepithel mit elongierten Kernen und low grade Atypien, unmittlebar angrenzend an eine fibrosierte Submucosa. Verlust der Muscularis mucosae und Atrophie des lymphatischen Gewebes. Luminal reichlich Schleimablagerungen. (F) Histologisches Bild einer LAMN Typ II (pTis): Innerhalb der Muscularis propria gelegenes, wellenförmiges, muzinöses Epithel mit low grade Atypien. Kein desmoplastisches Stroma. Hierbei handelt es sich nicht um ein invasives Tumorwachstum, sondern nach gegenwärtiger Lehrmeinung um eine Herniation in tiefe Gewebeschichten. Aus Chirurg 90(3):194-201.

Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?

 

Low-grade muzinöse Neoplasien der Appendix (LAMN)

Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?

 

Pro Jahr werden in Deutschland 100.000 Appendektomien durchgeführt und LAMN sind die häufigsten Tumoren, welche dabei als Zufallsbefund diagnostiziert werden. Bislang ist die Evidenz wie Betroffene behandelt und nachgesorgt werden sollen gering. Im frühen Stadium ist die Prognose mutmaßlich sehr gut und es muss eine noch häufig durchgeführte Übertherapie vermieden werden. Auch im Falle eines Rezidives ist die Prognose, wenn rechtzeitig erkannt mutmaßlich gut, somit kommt einer strukturierten Nachsorge eine überragende Bedeutung zu. Im Rahmen dieses Projektes werden wir die Evidenz, auf der aktuelle Empfehlungen beruhen, überprüfen und dementsprechend bestätigen oder überarbeiten.

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