Bispezifische Antikörper beim Myelom: Ist weniger mehr?
Dieses Projekt wurde 2023 von der Stiftung "Forschung hilft" mit 15.000 Euro gefördert.
Von links: PD Dr. med. Leo Rasche, Emilia Stanojkovska, Mara John, Nazia Afrin, Lars Grundheber und Moutaz Helal
Team
In dem internationalen Team der AG Rasche arbeiten junge Ärzte und Wissenschaftler an dem Ziel, die Biologie des Multiple Myeloms weiter zu entschlüsseln und neue Immuntherapien noch wirksamer und verträglicher für die Patienten zu gestalten.
Motivation und Innovation
Wirkung und Nebenwirkung müssen gut gegeneinander abgewogen werden. Das gilt auch in der Ära neuer Immuntherapien.
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Unser Projekt verfolgt das Ziel, die Therapie mit sogenannten bispezifischen Antikörpern wirksamer und verträglicher für die Patienten zu gestalten.
Bispezifische T-Zell aktivierende Antikörper werden seit neuestem sehr erfolgreich bei Blutkrebserkrankungen wie dem Multiplen Myelom eingesetzt. Ihre Wirksamkeit beruht auf der Aktivierung von T-Zellen des Patienten gegen die bösartigen Zellen. Mithilfe der bispezifischen Antikörper werden T-Zellen so nah an die Tumorzellen geführt, dass eine immunologische Synapse ausgebildet wird und die T-Zellen die Tumorzellen abtöten. Etwa 2/3 der Patienten spricht auf diese Therapie an und erreicht in der Regel eine sehr tiefe Remission.
Allerdings wurden die bispezifischen Antikörper als Dauertherapie entwickelt, d.h. Patienten erhalten in regelmäßigen Abständen (idR wöchentlich) eine Gabe des Antikörpers so lange bis die Erkrankung zurückkehrt. Ob diese Dauertherapie überhaupt notwendig ist, ist unklar bzw. sogar unwahrscheinlich, denn bispezifische Antikörper wirken sehr schnell und der Tumor wird bereits nach wenigen Wochen maximal zurückgedrängt. Darüber hinaus führt eine Dauerstimulierung der T-Zellen zu deren Erschöpfung und ihre Anti-Tumoraktivität könnte im Verlauf abnehmen.
Leider ist die Therapie mit bispezifischen Antikörpern nicht nebenwirkungsfrei. Ein Hauptproblem stellt die Schwächung des Immunsystems dar und 90% der Patienten erleiden im Verlauf der Behandlung eine Infektion, etwa die Hälfte davon eine schwere Infektion, die eine stationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig macht.
Um den Erfolg der bispezifischen Antikörper nicht zu gefährden, sollten unserer Einschätzung nach Therapiepausen eingelegt werden, damit sich das Immunsystem erholen kann.
Ansatz des Forschungsprojektes
In unserer Klinik werden zahlreiche Patienten mit bispezifischen Antikörpern behandelt. Die meisten erhalten den Antikörper im wöchentlichen Intervall. Bei anderen Patienten musste die Therapie jedoch auf größere Intervalle ausgestreckt werden (z.B. bei Infektionen oder auch bei dringenden Patientenwunsch). In unserem Arbeitsprogramm wollen wir das Immunsystem dieser beiden Patientengruppen untersuchen und der Frage nachgehen, wie lange es braucht bis sich das T Zellsystem nach bispezifischer Antikörpergabe erholt. Diese Frage ist für die klinische Routine der Zukunft sehr wichtig.
Wir werden das Immunsystem mithilfe von Durchflusszytometrie, Einzelzell-T-Zell- Rezeptorsequenzierung, Einzelzell-RNA-Sequenzierung, metabolischen Analysen (sogenannte SCENITH Methode) und in vitro Proliferationstest untersuchen.
Unser interdisziplinäres Team wird so in die Lage versetzt, einzigartige Einsichten in das Wechselspiel zwischen Tumor und Immunsystem zu gewinnen und diese zur Verbesserung der Therapie zu nutzen.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Es wird das Multiple Myelom untersucht - der häufigste Tumor des Knochenmarkes. Unsere Ergebnisse werden aber auch für andere Tumorarten von Interesse sein.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Die Forschungsergebnisse werden unmittelbar dem Patienten zugutekommen. Die Hoffnung auf weniger Nebenwirkungen, längere Therapiepausen, weniger Krankenhausaufenthalte und im idealen Fall bessere Wirksamkeit wollen wir mit unserer Forschung ein Stück näherkommen.