Die Rolle desmosomaler Proteine bei Mundhöhlenkarzinomen

Abbildung 1: Team der AG Hartmann und Hörner
Team
Unser Projektteam der Arbeitsgruppe aus der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Kopf- und Hals-Chirurgie wird von PD Dr. med. Dr. med. dent. Stefan Hartmann und Dr. med. dent. Marius Hörner M.Sc. geleitet. Unterstützt wird das Team von medizinischen und zahnmedizinischen Doktorand*innen und Olga Frank, Medizinische Technologin für Laboratoriumsanalytik.
Motivation und Innovation
Das Mundhöhlenkarzinom, ist die häufigste Form von Kopf-Hals-Krebs und weist eine hohe Metastasierungs- und Rückfallrate auf. Die meisten Patienten erhalten ihre Diagnose erst in einem fortgeschrittenen Stadium mit Metastasen. Trotz intensiver multimodaler Therapie, bestehend aus Operation, Strahlen-, Chemo- und Immuntherapie, haben sich die Heilungsraten in den letzten Jahrzehnten nicht zufriedenstellend verbessert. Derzeitige Therapiestrategien sind häufig mit eingeschränkter Effektivität und tiefgreifenden funktionellen und ästhetischen Einschränkungen verbunden, welche die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Während zahlreiche relevante Proteine und Signalwege bei Mundhöhlenkarzinomen identifiziert wurden, reichen die bisherigen molekulargenetischen Erkenntnisse nicht aus, um das komplexe Tumorverhalten vollständig zu verstehen. Daher ist die Identifikation weiterer Schlüsselproteine und Signalwege essenziell und geboten.

Abbildung 2: Das Bild zeigt eine schematische Darstellung desmosomaler Kontakte, einer spezialisierten Zell-Zell-Verbindung, die für die mechanische Stabilität von Geweben, insbesondere von Epithelzellen, essenziell ist. Besonders im Fokus der Arbeitsgruppe liegen Desmogleine sowie das Protein Plakoglobin.
Ein vielversprechender neuer Forschungsansatz zur Verbesserung der Therapie von Mundhöhlenkarzinomen liegt in der Untersuchung desmosomaler Proteine. Desmosomen sind spezialisierte Zell-Zell-Verbindungen, die eine entscheidende Rolle für die Gewebsintegrität und Zelladhäsion spielen. So konnten Troeltzsch et al. bereits belegen, dass eine Fehlregulation desmosomaler Proteine mit der Tumoraggressivität, Invasivität sowie einer verstärkten Metastasierung in Kopf-Hals-Karzinomen assoziiert sein könnte.
Desmosome sind Zell-Zellverbindungen, welche im Epithel der Mundschleimhaut lokalisiert und ein integraler Bestandteil des desmosomalen Komplexes sind (Abbildung 2). Diese Interaktion ist essenziell für die mechanische Stabilität des Gewebes. Desmosomen leisten einen wichtigen Beitrag zur strukturellen Integrität von Zell-Zell-Verbindungen. Insbesondere die Proteingruppe der Desmogleine sowie das Protein Plakoglobin sind hierbei von zentraler Bedeutung. Um die Expression und das Verhalten desmosomaler Proteine bei metastasierten Tumoren besser zu verstehen, verfolgen wir einen translationalen Ansatz der Krebsforschung mit modernen Modellsystemen. Dabei kombinieren wir dreidimensionale Tumororganoide, die die Tumorumgebung realitätsnah abbilden, mit pathologischen Untersuchungsmethoden. Unser Forschungsteam in Würzburg untersucht, wie genau desmosomale Proteine die Tumorentwicklung beeinflussen (Abbildung 3). Ziel ist es, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die langfristig zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten führen könnten.

Abbildung 3: Hypothetische Darstellung des Verlustes von Desmosomen bei der Entstehung von Mundhöhlenkarzinomen. Normale Epithelzellen haben enge Desmosomen-Verbindungen, die den Zellverband stabilisieren. Durch die Aktivierung von Onkogenen oder die Hemmung von Tumorsuppressorgenen werden "normale Zellen" zu Krebszellen. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung verlieren die onkogenen Zellen ihre Desmosomen und damit die Fähigkeit, sich an Ort und Stelle zu halten, was Invasion und Metastasierung ermöglicht.
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Die Studie untersucht die Rolle desmosomaler Proteine mit dem Fokus auf Plakoglobin sowie der Desmogleine bei Kopf-Hals-Tumoren und adressiert dabei folgende Fragestellungen:
- Analyse und Charakterisierung der Expression desmosomaler Proteine in Abhängigkeit von Tumorsubtyp, Lokalisation und Tumorstadium.
- Untersuchung der Expression dieser Proteine in Lymphknoten- und Fernmetastasen.
- Identifikation relevanter Signalwege, durch die desmosomale Proteine die Tumorentstehung, -progression und Therapieresistenz beeinflussen.
Neben etablierten molekulargenetischen Methoden erfolgt eine detaillierte Charakterisierung zellulärer Veränderungen, die durch die veränderte Expression desmosomaler Proteine beeinflusst werden. Aufbauend auf Vorarbeiten nutzen wir bereits etablierte, patientenspezifische Tumororganoide und Gewebeanalysen, um neue Einblicke in die Pathophysiologie von Mundhöhlenkarzinomen zu gewinnen.
Unser Ziel ist es, neue therapeutische Angriffspunkte zu identifizieren, um insbesondere bei aggressiven oder fortgeschrittenen Tumoren gezielte Behandlungsstrategien zu entwickeln und betroffenen Patienten neue effektivere Therapieoptionen anbieten zu können.
Ansatz des Forschungsprojektes
Unser Forschungsprojekt verfolgt einen translationalen Ansatz, der Grundlagenforschung und klinische Anwendung eng miteinander verknüpft. Im Zentrum steht die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Molekularbiologie, Onkologie und operativen Medizin. Gemeinsam untersuchen wir die bislang wenig verstandene Funktion desmosomaler Proteine bei der Entstehung und Ausbreitung von Kopf-Hals-Tumoren. Ziel ist es, auf Basis dieser Erkenntnisse innovative Therapieansätze zu identifizieren und langfristig in die klinische Praxis zu überführen.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Unser Ziel ist es, innovative und wirksamere Behandlungsansätze für Mundhöhlenkarzinome zu entwickeln. Diese häufigste Form von Kopf-Hals-Krebs geht oft mit Metastasen und Rückfällen einher, wobei jede etwa zweite betroffene Person daran verstirbt. Weltweit nimmt die Zahl der Erkrankungen stetig zu, insbesondere bei jungen Menschen wird die Diagnose immer häufiger gestellt.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Unser junges, engagiertes Team am Universitätsklinikum Würzburg widmet sich der Erforschung neuer Therapieansätze für das Mundhöhlenkarzinom mit besonderem Fokus auf desmosomale Proteine als mögliche Schlüsselfaktoren.
Die Förderung dieses Projektes durch die Stiftung „Forschung hilft" ermöglicht es uns, diesen innovativen Forschungsansatz gezielt weiterzuentwickeln und mögliche neue Therapieoptionen für betroffene Patientinnen und Patienten zu erschließen. Darauf aufbauend sind weiterführende Projekte sowie ein internationaler wissenschaftlicher Austausch geplant.