Einzelzellanalyse zur Identifikation neuer Therapieziele beim immuntherapieresistenten Melanom

Abbildung 1: Clinician Scientist Simon Goller M.Sc. (vorne mittig) und Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. rer. nat. Marc Schmidt (vorne links) mit wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arbeitsgruppe.
Team
Der Arzt und Wissenschaftler Simon Goller M.Sc. (Antragsteller) widmet sich in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. rer. nat. Marc Schmidt und seinem Team von erfahrenen wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie wissbegierigen Studierenden der Immuntherapieresistenz des malignen Melanoms. Es besteht eine enge Verflechtung mit der klinischen Betreuung von Patienten mit malignem Melanom im Würzburger Hautkrebszentrum. Für die Hightech-Methoden im Bereich der Einzelzellanalyse arbeitet die AG Schmidt im starken Verbund mit dem Würzburger Single Cell-Center und einer am Hause tätigen Bioinformatikerin.
Motivation und Innovation
Für das fortgeschrittene maligne Melanom („schwarzer Hautkrebs“) gehören Immuntherapien zu den wirksamsten Therapien. Eine Immuntherapie aktiviert das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor, in dem Schaltstellen, mit denen Tumorzellen bestimmte Immunzellen, sogenannte „Killer-T-Zellen“, hemmen („Immuncheckpoints“), inaktiviert werden und so die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort wieder „scharf“ gestellt wird. Die Immuntherapien werden den Patienten regelmäßig als Infusionen verabreicht. Leider spricht das Melanom in 50-60% der Fälle nicht auf die Therapie an (Immuntherapieresistenz).
„In unserem Hautkrebszentrum sehen wir in der täglichen Praxis immer wieder, dass der Einsatz der potentiell hochwirksamen Immuntherapien bei einigen Patientinnen und Patienten durch Immuntherapieresistenz eingeschränkt wird. Eine Überwindung der Resistenz ist für diese Patientinnen und Patienten überlebenswichtig.“
- Simon Goller, Clinician Scientist
Ein Tumor ist aus vielen verschiedenen Zellen zusammengesetzt (Tumorzellen, Zellen des Immunsystems, begleitende Zellen). Bei den Tumorzellen gibt es oft verschiedene Untergruppen (z.B. resistente Zellen und sich schnell vermehrende Zellen). Die bahnbrechenden neuen Methoden der Einzelzellanalyse ermöglichen es zu untersuchen, welche Charakteristika resistente Tumorzellen aufweisen, um neue Therapieziele zu identifizieren, die eine effektive Immuntherapie bei gleichzeitiger Vermeidung von Therapieresistenz ermöglichen soll.
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Im Mittelpunkt des Projekts stehen Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Absiedelung (Metastasierung) des malignen Melanoms in Lymphknoten eine fortgeschrittene Erkrankung haben, aber noch keine Metastasierung in andere Organe aufweisen. Die Patientengruppe kann in der Regel durch eine operative Entfernung der Lymphknoten von den erkennbaren Erscheinungen ihrer Tumorerkrankung befreit werden, weist aber ein erhöhtes Risiko für ein Wiederauftreten der Erkrankung auf. Daher werden ergänzende Therapien eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens zu verringern.
Die innovativste Methode stellt dabei die sogenannte neoadjuvante Therapie dar, bei der die Lymphknotenmetastasen zunächst im Körper belassen und einige Gaben einer Immuntherapie verabreicht werden, bevor diese operativ entfernt werden. Durch die Anwesenheit des Tumors kann durch die Immuntherapie eine breitere und effektivere Immunantwort gegen den Tumor ausgelöst werden als bei einer vorherigen Operation. Anschließend erfolgt die Lymphknotenoperation gefolgt von weiteren Gaben der Therapie, um verbleibende Tumorzellen zu eliminieren (Abbildung 2).
An den bei der Operation entnommenen Lymphknoten wird durch histopathologische Begutachtung beurteilt, wie viele lebende Tumorzellen noch vorhanden sind. So können Patienten, die auf die Therapie ansprechen und solche, die resistent sind und bei einem Wiederauftreten der Erkrankung mutmaßlich nicht profitieren, unterschieden werden. Die Lymphknoten beider Gruppen sollen durch Einzelzellanalyse untersucht und verglichen werden. Davon erhoffen wir uns, Charakteristika der Immuntherapieresistenz besser zu verstehen und Ansätze zu entwickeln, diese zukünftig zu überwinden, was eine merkliche Verbesserung der aktuellen Therapiesituation betroffener Patienten bewirken und den Schrecken der Diagnose „schwarzer Hautkrebs“ weiter verringern könnte.

Abbildung 2: Bei Patienten mit Lymphknotenmetastasen, die eine neoadjuvante Immuntherapie erhalten haben, werden histopathologisch Therapie-Ansprecher und Therapie-Resistente unterschieden.
Ansatz des Forschungsprojektes
Wir vergleichen Lymphknotenmetastasen von Immuntherapie-Ansprechern (wenige lebende Tumorzellen) mit Immuntherapie-Resistenten (viele lebende Tumorzellen) durch Einzelzellanalysen. Dazu gehört eine Einzelzell-RNA-Sequenzierung (Englisch: single cell RNA Sequencing, scRNASeq), mit der untersucht wird, welche Zellpopulationen (unterschiedliche Gruppen von Tumorzellen, Immunzellen, Tumor-assoziierte, begleitende Zellen) vertreten sind und welche Signalwege aktiv sind. Des Weiteren ermöglicht eine sogenannte spatial transcriptomics das Studium der räumlichen Verteilung der Populationen und deren Genaktivität (Abbildung 3).
Im Mittelpunkt steht dabei ein stress-aktivierter Signalweg, die ERK5-Signalkaskade, von der u.a. durch Vorarbeiten der Arbeitsgruppe bekannt ist, dass sie in Melanomzellen (und anderen Tumoren) durch Therapiestress aktiviert werden kann und neben Zellteilung und –überleben der Tumorzellen auch Immunantworten beeinflusst und dadurch zur Immuntherapieresistenz beitragen könnte. So könnte ERK5 beispielsweise durch Ausschüttung bestimmter immunmodulierender Signalmoleküle wie Interleukin-6 (IL-6) dazu beitragen, dass Fresszellen (Makrophagen) eine tumorfördernde Rolle einnehmen oder die Immunantwort durch T-Zellen gehemmt wird. Perspektivisch könnte eine Blockade des ERK5-Signalwegs eine attraktive neue Therapieoption sein, Immuntherapieresistenz zu überwinden und die Überlebenswahrscheinlichkeit betroffener Patienten zu verbessern.

Abbildung 3: Das Projekt verfolgt den Ansatz Therapie-Ansprecher und -Resistente durch Hightech-Methoden der Einzelzellanalyse zu vergleichen. Dabei liegt das Ziel in der Identifikation von Resistenzmechanismen der Immuntherapie, wie z.B. einer potentiell Resistenz-begünstigenden Wirkung des ERK5-Signalwegs durch Modulation der T-Zell-Antwort.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Das maligne Melanom („schwarzer Hautkrebs“) ist die tödlichste Form von Hautkrebs. Die Häufigkeit der Erkrankung ist in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen. Die Prognose hat sich u.a. durch die Einführung der Immuntherapie in den letzten Jahren merklich verbessert, ist aber immer noch durch Therapieresistenz begrenzt.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
- Es besteht ein dringender medizinischer Bedarf, Strategien gegen Immuntherapieresistenz beim Melanom zu entwickeln.
- Der Vergleich von Ansprechern und Nicht-Ansprechern in Lymphknoten neoadjuvant behandelter Patienten mit den modernen Methoden der Einzelzellanalyse ist eine aussichtsreiche Strategie zum Verständnis zugrunde liegender Resistenzmechanismen und kann zu deren Überwindung beitragen.
- Das Würzburger Hautkrebszentrums hat bei neoadjuvanten Immuntherapien eine Vorreiterrolle eingenommen, die wir in unserem hoffnungsvollen Projekt nutzen wollen, da bisher eine vergleichbare Analyse nicht durchgeführt worden ist.