Erste Einblicke in die Tumorbiologie des Myeloms in Afrika mithilfe von Whole Genome Sequencing
Team
Dr. med. Erius Tebuka (li.) ist Oberarzt im Bereich der Hämatologie und Onkologie im Bugando Medical Centre in Mwanza, Tansania und dort verantwortlich für das Myelomprogramm. Prof. Dr. med. Leo Rasche (re.) ist Oberarzt an der Universitätsklinik Würzburg und Leiter der klinischen und translationalen Myelomforschung.
Motivation und Innovation
"The innovation in multiple myeloma today is breathtaking, and I am committed to bringing this progress to my underrepresented patients in Tanzania and Africa."
- Dr. med. Erius Tebuka
"Noch nie wurden die genetischen Veränderungen der Myelomtumorzellen bei Patienten aus Afrika untersucht. Wir sind gespannt zu sehen, ob sich Unterschiede zu unseren Würzburger Patienten zeigen werden. Wir können mit diesem Projekt eine echte Wissenslücke schließen. Wir sind Dr. Tebuka sehr dankbar, dass er trotz der schwierigen Bedingungen vor Ort, dieses wichtige wissenschaftliche Unterfangen vorantreibt."
- Prof. Dr. med. Leo Rasche
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Tumorerkrankungen entstehen durch genetische Veränderungen in Zellen. In unserem Projekt wollen wir erstmals die genetischen Veränderungen in Myelomzellen von Menschen aus Afrika mit denen aus Deutschland vergleichen. Dr. Tebuka hat in Vorarbeiten gezeigt, dass die Erkrankung bei seinen Patienten in Mwanza/Tanzania besonders aggressiv verläuft und eine schlechte Prognose aufweist. Es ist unklar, ob diese ungünstigen Verläufe mit den sozioökonomischen Faktoren vor Ort zusammenhängen oder tatsächlich von einer ungünstigen Tumorbiologie angetrieben werden. Die Ergebnisse werden uns helfen, die sog. Hochrisikoerkrankung auch in Deutschland besser zu verstehen.
Abbildung: Oben: Circos plots zeigen die Ergebnisse des Whole Genome Sequencing von Myelomproben. Rechts: Das Foto zeigt die Würzburg Road in Mwanza. Unten: Das Universitätskrankenhaus Bugando Medical Center am Viktoriasee in Tansania.
Ansatz des Forschungsprojektes
Disparity Research beschäftigt sich mit Unterschieden im Gesundheitszustand von Minderheiten und gewinnt weltweit an Bedeutung, allen voran in den USA. Es konnte z. B. gezeigt werden, dass Afroamerikaner für einige Krebsarten ein viel höheres Erkrankungsrisiko und auch eine schlechtere Prognose aufweisen als andere ethnische Gruppen. Auch hoch-innovative und kostenintensive Verfahren wie die CAR T Zell Therapie, zeigte bei Afroamerikanern schlechtere Ergebnisse. Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA fordert daher folgerichtig einen Wirkungsnachweis auch bei afroamerikanischen Patienten, bevor ein Medikament zugelassen werden kann. Weshalb es diese Unterschiede im Risiko bzw. im Ansprechen auf Medikamente gibt, ist weitestgehend ungeklärt. Vieles spricht für Keimbahnvarianten (genetische Polymorphismen), die das Risiko für eine bestimmte Erkrankung beeinflussen. Aber auch sozioökonomischen Faktoren spielen eine Rolle. Interessanterweise gibt es zum Multiplem Myelom bislang keine einzige Studie aus Afrika selbst, sondern die Datenlage stützt sich ausschließlich auf African Americans, also den Nachkommen der Sklaven, die aus dem westlichen Afrika einst nach Amerika verschleppt worden sind. Diese Population ist nicht homogen und es hat eine Vermischung mit anderen Ethnien im Laufe der Zeit stattgefunden (technisch spricht man Admixture Grad), weshalb die Daten nur fraglich repräsentativ für Afrika sind. Aber selbst in dieser Gruppe zeigten sich in einer aktuellen Analyse eine spezifische Mutationssignatur und eine abweichende Mutationslast im Vergleich zu Myelompatienten mit anderem genetischen Background (Maclachlan et al., ASH 2023). Wir sind daher zuversichtlich, in unserer Studie ebenfalls Unterschiede aufdecken zu können.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Es geht um das Multiple Myelom. Während in Europa das Risiko für ein Multiples Myelom gering ist (1 % aller Krebsarten), so findet es sich unter den Top 10 krebsbedingten Todesursachen bei African Americans in den USA wieder. African Americans entwickeln tatsächlich etwa doppelt so häufig wie die übrige US-Bevölkerung ein Multiples Myelom. Über die Häufigkeit in Afrika selbst ist nur wenig bekannt.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Es geht um das Schließen einer relevanten Wissenslücke. Bislang wurde noch nie das genomische Make-up von Myelomzellen afrikanischer Patienten untersucht. Zum Vergleich stehen uns hunderte von Whole Genome Sequencing Ergebnisse aus unserer Klinik zur Verfügung. Unsere Forschungsergebnisse werden dazu beitragen, den Einfluss von Genetik aber auch von sozioökonomischen Faktoren auf den Verlauf der Myelom Erkrankung zu erforschen. Darüber hinaus unterstützt unser Projekt Dr. Tebukas Bemühungen, in Tansania ein Myelomzentrum aufzubauen. Sollte unsere Pilotstudie erfolgreich sein, so ist die Einwerbung weiterer Drittmittel für ein deutlich größeres Projekt zur Myelom Genetik und zu weiteren Aspekten der Erkrankung in Tansania und Deutschland geplant. Das Bugando Krankenhaus hat ein Einzugsgebiet rund um den Viktoriasee von 20 Millionen Menschen.
Mwanza ist eine Partnerstadt von Würzburg und Dr. Tebuka kommt regelmäßig als Gastwissenschaftler nach Würzburg.