Faktoren des Mikromilieus in der Barrett-Ösophagus Pathogenese: Treiber und Hemmer

Verantwortliche Personen:
AG Seyfried – Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Transplantations-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Würzburg
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Abbildung 1: Klinisches Team: v.l.n.r. Fr. Buchta, Fr. Dr. Kastner, Prof. Seyfried, Prof. Hann, Pfleger Marco, Fr. Hohl.

 

Team

 

Das Forscherteam um Prof. Dr. Florian Seyfried ist hoch interdisziplinär zusammengesetzt. Es besteht dabei aus erfahrenen Klinikern mit jahrelanger klinischer Expertise in der diagnostischen Aufarbeitung und Therapie von Patienten mit Reflux-assoziierten, bariatrischen und onkologischen Erkrankungen von Magen und Speiseröhre. Dabei ergänzen sich chirurgische und ausgewiesene gastroenterologische Fachkompetenz (Prof. Dr. A. Hann, Medizinische Klinik II Uniklinikum Würzburg). Komplettiert wird das klinische Team von qualifizierten und spezialisierten technischen Assistenten (Fr. Kathrin Hohl, Fr. Nicole Buchta – Funktionsdiagnostik; Team der chirurgischen Endoskopie). Darüber hinaus wird das Team zur Adressierung dezidierter, pathophysiologischer Fragestellungen von Naturwissenschaftlern mit einer ausgewiesenen Expertise in der Transitionszonen-Forschung (Frau Prof. Dr. Cindrilla Chumduri) im Sinne einer Kollaborations-Partnerschaft unterstützt. Durch diese Interdisziplinarität können komplexe Fragestellungen in ihrem Facettenreichtum von verschiedensten Standpunkten aus adressiert werden.

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Abbildung 2: Kollaborationspartnerin Frau Prof. Dr. Cindrilla Chumduri, Repräsentative mikroskopische Darstellungen der Übergangszone zwischen Magen und Speiseröhre

Motivation und Innovation

 

„Die Verantwortung des akademischen Chirurgen besteht darin, seinen Patientinnen und Patienten die nach aktuellem Kenntnisstand schonendste und gezielteste Therapie zukommen zu lassen. Dazu gehört eine Prozedur-kritische Betrachtung der chirurgischen Eingriffe, um nicht mit dem Lösen der Probleme von heute neue Probleme von morgen zu schaffen.“
- Prof. Dr. med. Seyfried

 

Das Team forscht zum Themenkomplex der funktionellen und onkologischen Chirurgie von Speiseröhre und Magen sowie zur metabolisch-bariatrischen Chirurgie (operative Therapie des krankhaften Übergewichts und des Diabetes mellitus Typ 2).

Die Verzahnung dieser Forschungsfelder ermöglicht es, „Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten, Zusammenhänge zu erkennen und weiterzudenken“. Dies erscheint essenziell, da auch etablierte und gezielte chirurgische Eingriffe neben den beabsichtigten günstigen Wirkungen schwerwiegende, prozedur-spezifische Langzeitkomplikationen für Patienten nach sich ziehen können. So ist die metabolisch-bariatrische Chirurgie zwar die effektivste Therapie zur Behandlung des krankhaften Übergewichts und dessen Begleiterkrankungen. Allerdings zeigen aktuelle Studien, dass Patienten, die sich aufgrund von krankhaftem Übergewicht einer Schlauchmagen-Operation unterziehen, ein bis 19%iges Risiko haben, innerhalb von 5 Jahren Schleimhautveränderungen an der unteren Speiseröhre zu entwickeln. Dabei stellt dieser so genannte Barrett-Ösophagus (BE) eine hoch relevante, fakultative Präkanzerose für das Adenokarzinom der Speiseröhre (EAC) dar.

Der BE ist eine Krebs-Vorstufe der Übergangszone zwischen Magen und Speiseröhre, die durch eine meist Reflux-assoziierte chronische Entzündung der unteren Speisröhre am Mageneingang entsteht.  Hier wandelt sich, beeinflusst durch ein ungünstiges lokales Mikromilieu und weitgehend unbekannte systemische Faktoren, die Schleimhaut der Speiseröhre von einem mehrschichtige Plattenepithels in ein intestinales, kolumnares Epithel um – ein Prozess, der als Metaplasie bezeichnet wird.

Potentielle „Stressoren“ der Speiseröhrenschleimhaut, sind eine Reflux-bedingte Benetzung der Übergangszone mit Magensäure und Galleflüssigkeit verbunden mit einer Veränderung des natürlich gegebenen Mikrobioms. Diese Veränderungen des lokalen Mikromilieus spielen für die Entwicklung, Progredienz und Transformation des Barrett-Ösophagus zur Krebserkrankung eine relevante Rolle, sind bisher aber nur wenig in ihrem Mechanismus und ihrer Einflussnahme erforscht.

 

Konträr zur Situation nach Schlauchmagen-Operation haben Patienten nach einem Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB), dem am zweit-häufigsten durchgeführten bariatrischen Eingriff ,– ein deutlich verringertes Risiko für die Entstehung eines Barrett-Ösophagus – vielmehr sind sogar vollständige Remissionen beschrieben.  

Damit scheinen diese beiden bariatrischen Eingriffe ein stark konträres Mikromilieu an der Übergangszone zwischen Speiseröhre und Magen zu generieren, das im ersten Fall extrem fördernd, im zweiten Fall dagegen hemmend für die Entstehung der Speiseröhrenkrebs-Vorstufe zu sein scheint.

 

Bisher sind die unterschiedlichen Mikromilieus weder lokal noch systemisch im Hinblick auf die Entstehung von Speiseröhrenkrebs charakterisiert und tiefer gehend verstanden. Die Erarbeitung eines grundlegenden Verständnisses dieser unterschiedlichen Mikromilieus und ihrer Wirkungsweise auf die Speiseröhrenschleimhaut, um dieses Wissen letztlich in einem präventiv-therapeutischen Ansatz zur Reduktion des Speiseröhrenkrebsrisikos nutzbar zu machen, ist Kern dieses Projekts.

Welche Ziele verfolgt das Projekt?

 

Ziel des Forschungsprojekts ist es, ein grundlegendes, mechanistisches Verständnis für die pathophysiologischen Treiber und Hemmer eines der wichtigsten Risikofaktoren in der Entstehung des Speiseröhrenkrebses zu generieren. Durch ein detailliertes Verständnis um forcierende/treibende Faktoren in Entstehung und Voranschreiten des Barrett-Ösophagus ist nicht nur eine Identifikation möglicher Patienten-Risikogruppen, sondern auch eine gezielte (präventive) Behandlung und Therapie eben dieser möglich, um einen Progress und ultimativ die Entstehung des EAC zu begrenzen.

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Abbildung 3: Grafischer Abstrakt. Während nach Schlauchmagen vermutlich ein Barrett-Ösophagus förderndes Mikromilieu an der Übergangszone zwischen unterer Speiseröhre und Mageneingang entsteht, wandelt sich dies nach dem Roux-en-Y Magenbypass in ein hemmendes um. Dies soll explorativ charakterisiert werden, um die Grundlage für weitere Arbeiten zu generieren.

 

Ansatz des Forschungsprojektes

 

Um ein Verständnis für Entstehung und das weitere Fortschreiten des Barrett-Ösophagus zum Speiseröhrenkrebs zu generieren, charakterisieren wir im Rahmen dieses Projekts das lokale Mikromilieu am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen bei Patienten, die nach Sleeve-Gastrektomie einen BE entwickelt haben. Additionale Untersuchungen von Patienten nach Umwandlung von Magensleeve in einen RYGB wird dabei das Bild in Hinblick auf treibende und hemmende Mechanismen in der BE-Entwicklung komplementär ergänzen. Dies erfolgt von einem klinischen-funktionellen, (bio-)chemischen sowie mikrobiologischen Standpunkt aus. Dabei finden verschiedene innovative Methoden sowohl aus dem klinisch als auch aus dem naturwissenschaftlichen Spektrum wie Impedanz-pH-Metrie, hochauflösender Manometrie, NMR-Spektroskopie, UPLC-Massenspektroskopie sowie eine Sequenzierung des lokalen Mikrobioms und eine ergänzende Charakterisierung des metabolomisches Profils aus Urin, Blut und Stuhlproben Anwendung. Durch die multifaktorielle Charakterisierung trägt das Projekt der pathogenetischen Komplexität von Erkrankungen Bereich des gastroösophagealen Übergangs Rechnung.

Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?

 

Der Barrett-Ösophagus ist die wesentliche Vorstufe für das Adenokarzinom der Speiseröhre. Mit Identifikation und Adressierung treibender und hemmender Faktoren für Auftreten und Progredienz des Barrett-Ösophagus eröffnet sich die Möglichkeit einer Prävention und Reduktion der Auftretenswahrscheinlichkeit des Speiseröhrenkrebses.

Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?

 

Das geplante Projekt adressiert ein zunehmendes klinisches Problem für Patienten nach Schlauchmagenoperation. Der Ansatz des Projekts verbindet innovativ klinisch-funktionelle Aspekte mit State-of-the-Art grundlagenwissenschaftlichen Analyse-Methoden. Mit der Fokussierung auf die häufigste prämaligne Läsion des EAC können Verständnis um treibende und hemmende Mechanismen und daraus abgeleitete dezidierte therapeutischer Ansätze langfristig eine Reduktion der Inzidenz des EAC bewirken.

Das dargestellte Vorhaben ist eine explorative, Hypothesen-generierende Studie als Vorarbeit für spätere gezielte mechanistische Untersuchungen.

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