Organoid-Modelle zur Bestimmung der Wirksamkeit von CDK4/6-Inhibitoren in frühen Brustkrebsstadien
Dieses Projekt wurde 2023 von der Stiftung "Forschung hilft" mit 16.137 Euro gefördert.
Das interdisziplinäre Forscherteam; Von links Dr. med. Saskia-Laureen Herbert (Universitätsfrauenklinik), Dr. Angela Riedel, Greta Mattavelli, Mara John, und Laura Kindl (alle MSNZ)
Team
Die Arbeitsgruppe von Dr. Angela Riedel am Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung (UKW) beschäftigt sich mit der Untersuchung des Therapieansprechen beim Brustkrebs. Um dies zu erforschen, etabliert die Gruppe komplexe in vivo und in vitro Modelle. Dazu gehören auch Organoid-Modelle, also 3D-Zellkulturen, die das entsprechende in-vivo-Gewebe nachbilden können. Diese eignen sich besser zur Modellierung von Krebserkrankungen und deren Therapieansprechen als herkömmliche 2D-Krebszelllinien, da sie die Heterogenität zwischen Patient:innen sowie die Histopathologie des Tumors widerspiegeln. In diesem Projekt werden von Brustkrebspatientinnen stammende Organoidkulturen etabliert und in Wirkstoff-Screenings verwendet. Die medizinische Doktorandin Laura Kindl und die Doktorandinnen Mara John und Greta Mattavelli (AG Riedel) arbeiten dazu eng mit Dr. med. Saskia-Laureen Herbert aus der Frauenklinik des UKWs unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. med. Achim Wöckel zusammen und haben die einzigartige Möglichkeit, mit Tumormaterial von Brustkrebspatientinnen zu arbeiten, die in Würzburg behandelt werden.
Motivation und Innovation
Brustkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Mittels molekularer Diagnostik kann Brustkrebs in verschiedene Subtypen mit Aussagekraft über Prognose und Therapiekonzept eingeteilt werden. In unserem Projekt beschäftigen wir uns mit Hormonrezeptor-positivem und HER2-negativem Brustkrebs, der als die häufigste Form der Erkrankung in die beiden Subtypen Luminal A und Luminal B eingeteilt werden kann. Patientinnen mit dieser Diagnose haben zwar insgesamt eine gute Prognose und ca. 80% von ihnen können mit Standardtherapien geheilt werden. Die verbleibenden ca. 20% entwickeln jedoch innerhalb der ersten zehn Jahre nach der Diagnose Metastasen oder Rezidive, die durch neue Behandlungsmöglichkeiten unbedingt verhindert werden müssen. Medikamente, die dafür in Frage kommen, sind CDK4/6-Inhibitoren, die in den Zellzyklus eingreifen und so das Wachstum von Tumorzellen hemmen. Diese zeigen jedoch in frühen Brustkrebsstadien ein heterogenes Therapieansprechen mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen. In diesem Projekt werden daher von Brustkrebspatientinnen stammende Organoide in Medikamenten-Screenings mit mehreren CDK4/6-Inhibitoren eingesetzt, um das individuelle Ansprechen zu bestimmen. Wir hoffen damit aufzeigen zu können, bei welchem Inhibitor bzw. ob überhaupt ein Behandlungserfolg bei der einzelnen Patientin zu erwarten ist.
Abbildung: Arbeitsfluss des Projekts
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
In diesem Projekt wollen wir verstehen, wie sich verschiedene CDK4/6-Inhibitoren in ihrer Wirkung unterscheiden. Wir vermuten, dass zum Beispiel Abemaciclib (einer der Inhibitoren) neben der bekannten CDK4/6-Inhibition über weitere Wirkmechanismen verfügt, die anderen Medikamenten wie Palbociclib und Ribociclib fehlen. Unterschiede in klinischen Studien können aber auch dadurch entstehen, dass nicht die genau gleichen Patientinnen mit den verschiedenen Medikamenten behandelt werden und die Studienprotokolle sich beispielsweise bezüglich der Behandlungsdauer unterscheiden. Deshalb kombinieren wir die Inhibitoren mit Letrozol als endokriner Therapie, und testen diese über den gleichen Zeitraum und an Krebs-Organoiden der gleichen Patientin. Durch neue Erkenntnisse über Unterschiede in der molekularen Wirkungsweise der Medikamente wollen wir zu einer verbesserten Behandlung von Patient:innen mit frühen Stadien von Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs beitragen.
Ansatz des Forschungsprojektes
Aktuell werden die meisten in vitro Experimente mit Brustkrebszelllinien durchgeführt. Diese sind oft bereits seit den 1970er Jahren in Kultur, stammen von wenigen Patientinnen und unterscheiden sich durch die 2D-Kultivierung auf einem Plastikboden stark von der Physiologie von Tumoren in der menschlichen Brust. Deshalb haben wir uns entschieden, einen neuen Ansatz zu wählen: Aus Tumormaterial von Brustkrebspatientinnen der Universitätsklinik Würzburg generieren wir Organoide. Dabei handelt es sich um kleine 3D-Strukturen aus Zellen eines bestimmten Gewebes, die in einer extrazellulären Matrix kultiviert werden. Durch ihre dreidimensionale Anordnung kommen sie der Situation im menschlichen Körper näher und machen es zudem möglich, Tumorzellen von vielen verschiedenen Patientinnen zu untersuchen. Dies erhöht die Repräsentativität der Ergebnisse.
Nach der Etablierung der Brustkrebs-Organoide charakterisieren wir diese, um sie anhand verschiedener Merkmale mit dem Tumorgewebe der jeweiligen Patientin zu vergleichen. Anschließend untersuchen wir die Organoide in Wirkstoff-Screenings mit verschiedenen CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit endokriner Therapie. So können wir deren Wirkung auf die Tumorzellproliferation direkt vergleichen. In einem nächsten Schritt möchten wir dann die Unterschiede in der Genexpression der Zellen der Brustkrebs-Organoide untersuchen, die durch die Therapie mit Letrozol und den CDK-Inhibitoren hervorgerufen werden. Dazu isolieren wir die RNA der Organoide zu verschiedenen Behandlungszeitpunkten und sequenzieren sie anschließend.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Wir beschäftigen uns mit Brustkrebs, der häufigsten Krebserkrankung der weiblichen Bevölkerung, an der jede neunte Frau in Deutschland im Laufe ihres Lebens erkrankt.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Als junge Forschungsgruppe sind wir hochmotiviert, neue Methoden auszuprobieren und anzuwenden. Die Etablierung von patientenabgeleiteten Brustkrebs-Organoiden kann dabei nicht nur helfen, unsere aktuelle Forschungsfrage zu beantworten. Vielmehr erhoffen wir uns einen weiteren Schritt in Richtung personalisierte Medizin zu gehen. Um einer Patientin die Nebenwirkung einer für sie unwirksamen Therapie zu ersparen, möchten wir patientengenerierte Organoide nutzen: Sollte es uns in Zukunft gelingen, diese schnell und effektiv aus dem operativ entfernten Tumorgewebe zu etablieren, können mögliche Therapien zunächst an ihnen getestet werden. Anschließend kann die Information, welche Medikamente in vitro die beste Wirksamkeit gezeigt haben, an die behandelnden Ärzt:innen weitergegeben werden. So kann eine individualisierte Therapie für jede einzelne Patientin oder den jeweiligen Patienten angeboten werden.