SaRKo-GI: Sarkopenie Risikoscreening bei Krebserkrankungen des oberen Gastro-Intestinaltraktes

Abbildung 1: Oben links: PD Dr. med. Claudia Löffler (Ernährungsmedizinerin, Onkologie), Dr. med. Dorothea Henniger (Ernährungsmedizinerin, Gastroenterologie), Dr. med Henner Huflage (Leitung CT, Radiologie), Untern links: Lisa Schiffmann (Ernährungswissenschaftlerin, Onkologie), Constanze Wolz (Ernährungswissenschaftlerin, Gastroenterologie), PD Dr. med Alexander Weich (Leitung ENET Zentrum)
Team
Das interdisziplinäre Team der AG setzt sich aus Experten verschiedener Fachdisziplinen und Berufsgruppen zusammen. Unter der Leitung von PD Dr. med. Claudia Löffler und Dr. med. Dorothea Henniger werden innovative Versorgungsforschungsprojekte translational in die Patientenversorgung implementiert. Im SaRKo-GI-Projekt arbeitet die AG gemeinsam mit dem Leiter der Computertomografie der Radiologie des UKW Dr. Henner Huflage und dem Leiter des ENET Zentrums PD Dr. med Alexander Weich an innovativen Konzepten, um PatientInnen mit Höchstrisiko für die Entwicklung einer Sarkopenie frühestmöglich zu identifizieren und im Rahmen des Nutrition Care Prozesses leitliniengerecht zu behandeln.

Abbildung 2: Standardisiertes Screening auf Mangelernährung bei onkologischen Patienten am UKW mittels Nutritional-Risk-Screeening-Tool
Seit 2019 wurde in einem Stufenprozess das digitale Screening auf Mangelernährung nach NRS-2002 UKW-weit eingeführt, um die Versorgung insbesondere onkologischer Patienten zu verbessern. In einem Vorscreening werden der BMI, ein ungewollter Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten, eine Verminderung der Nahrungsaufnahme und die Erkrankungsschwere erfasst. Wenn einer dieser Parameter auffällig wird, öffnet sich das Hauptscreening und Ernährungsinterventionen werden initiiert.
Motivation und Innovation
Die Überlebenschancen von Patienten mit gastrointestinalen Tumoren haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Patienten mit lokal fortgeschrittenen Stadien können durch intensive multimodale Behandlungskonzepte geheilt und Erkrankungen, die systemisch fortgeschritten/metastasiert sind, durch maßgeschneiderte, personalisierte Therapiekonzepte in vielen Fällen kontrolliert werden.
Gleichzeitig ist diese Patientengruppe in besonderem Ausmaß von einer erkrankungsbedingten Mangelernährung mit Sarkopenie bedroht (bis zu 80% der Patienten), was sich nachteilig auf die Prognose auswirken kann. Nach Angaben der Deutschen Stiftung für Krankheitsbedingte Mangelernährung sterben in Deutschland jährlich mehr als 50.000 Menschen nicht an ihrer Grunderkrankung, sondern an den Folgen der Mangelernährung, darunter ein großer Teil der Krebspatienten. Studien deuten darauf hin, dass ein hohes Risiko für eine Mangelernährung mit einer mehr als doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit für eine postoperative Komplikation (OR 2,27, 95% CI 1,81-2,84) und einem schlechteren Überleben (HR 1,66, 95% CI 1,4-1,97) assoziiert sein kann.
Die Ursachen für den häufigen Gewichtsverlust bei Krebspatienten und die Entwicklung einer Mangelernährung sind multifaktoriell. Systemische Entzündungen führen zu Veränderungen im Energiehaushalt und Stoffwechsel. Aber auch eine verminderte Nährstoffaufnahme spielt eine entscheidende Rolle. Intensive Therapien können das Risiko für das Auftreten einer Mangelernährung ebenfalls deutlich erhöhen, z. B. durch Übelkeit, Appetitlosigkeit, Geschmacksveränderungen oder auch Schleimhautentzündungen. Da über die Hälfte der deutschen Bevölkerung übergewichtig ist, wird Mangelernährung häufig viel zu spät erkannt, was weitreichende Konsequenzen für den Therapieerfolg haben kann.
Diese Ausgangssituation verstehen wir als Auftrag für unser Forschungsprojekt.
„Die effektivste Ernährungsintervention ist die, die zum richtigen Zeitpunkt und passgenau zur individuellen Situation des Patienten geplant wird. Hierfür müssen wir ein besseres Verständnis dafür entwickeln, mit welchen Methoden das in der Routineversorgung am besten gelingen kann.“
- Claudia Löffler und Dorothea Henniger, Projektleitungen.

Abbildung 3: UKW-Patienten mit Tumoren des Magens, des gastroösophagealen Überganges und der Bauchspeicheldrüse weisen das höchste Risiko für eine Mangelernährung auf.
Das mittels NRS-Screening ermittelte Mangelernährungsrisiko von Patienten, die am UKW mit einer Krebserkrankung behandelt werden liegt durchschnittlich bei 30% (Spalte 2). Patienten mit Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes weisen durchschnittlich das höchste Risiko auf (47% bzw. 49%). In der SaRKo-GI-Studie sollen die Daten dieser Hochrisikogruppe daher im Detail untersucht werden.
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Die im Rahmen des am UKW standardisiert erhobenen Ergebnisse aus dem Mangelernährungs-Screening sollen mit der Körperzusammensetzung, die an Hand von Staging CTs retrospektiv erhoben wird, sowie mit den Daten zur Körperzusammensetzung aus BIA-Messungen abgeglichen werden, um besser zu verstehen, mit welchem klinischen Screening-Ansatz die individuelle Risikosituation der Patienten am zuverlässigsten erfasst werden kann. Besonderes Augenmerk soll insbesondere auch darauf gelegt werden, welche Methode nicht nur eine möglichst exakte Erfassung, sondern insbesondere auch eine in der Routine frühestmögliche Erkennung einer Sarkopenie bzw. eines Mangelernährungsrisikos ermöglicht.

Abbildung 4: Messung der Körperzusammensetzung mittels Bioimpendanz
Ernährungswissenschaftlerin Lisa Schiffmann erklärt einer Patientin die individuelle Körperzusammensetzung nach BIA-Messung (Fotos: Daniel Peter).
Ansatz des Forschungsprojektes
Etablierte anthropometrische Messungen beinhalten die Erfassung des Körpergewichtes, der Körpergröße oder auch des Taillenumfanges. Durch die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI, kg/m²) oder auch der waist-to-hip ratio (WHR) sind in Zusammenschau mit der Messung der Hautfaltendicke und der Kraft (z.B. Handkraftmessung) prinzipiell Rückschlüsse auf die Körperzusammensetzung möglich, allerdings hauptsächlich, was die Fettverteilung angeht. Screening-Instrumente, die zusätzlich stattgehabten Gewichtsverlust, die Erkrankungsschwere oder auch die Nahrungsaufnahme erfassen, können einen ersten Hinweis auf das individuelle Risiko des Patienten liefern. Leider geben Sie allesamt aber keine zuverlässige Auskunft hinsichtlich eines prognostisch relevanten Verlustes an fettfreier Körperzellmasse (FFM). Mittels Bioelektrischer Impedanzanalyse (BIA) kann die unterschiedliche Impedanz und der Widerstand verschiedener Körpergewebe berechnet werden, um exaktere Informationen über die Körperzusammensetzung zu erhalten. Forschungsarbeiten legen nahe, dass zudem eine quantitative Messung der Körperzusammensetzung mittels Computertomographie durch planimetrische Messungen in axialen CT-Schnitten noch genauere Ergebnisse liefern könnte. Jede der genannten Methoden hat jedoch auch ihre Vor- und Nachteile.
SaRKo-GI soll einen wichtigen Beitrag für die Optimierung der ernährungsmedizinischen Versorgung von Patienten mit Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes leisten, indem wir sowohl eine bereits bestehende Sarkopenie, als auch ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung frühestmöglich erkennen. Dies ermöglicht uns ernährungstherapeutische Interventionen im Rahmen des Nutrition care Prozesses rechtzeitig einzuleiten und damit sowohl die Lebensqualität, als auch die Verträglichkeit der Therapie und die Prognose der Patienten zu verbessern.
Welche Krebserkrankung soll behandelt werden?
Im Rahmen von SarKO-GI sollen die Daten von Patienten mit oberen gastrointestinalen Tumoren (insbesondere Patienten mit Magenkrebs und Tumoren des gastroösophagealen Überganges, sowie Patienten mit Karzinomen der Bauchspeicheldrüse) analysiert werden.
Warum soll das Forschungsprojekt unterstützt werden?
Das Projekt besitzt das Potential, die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie durch eine verbesserte Ernährungssituation deutlich zu verbessern und leistet einen wichtigen Beitrag zur ernährungsmedizinischen Versorgungsforschung.
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